Forschungsprojekt

Der Islam in der französischen Sicherheitspolitik in Westafrika: Identifizierung, Kontrolle und Überwachung muslimischer Gelehrter (1906–1962)

Postdoc-Projektstipendiat

11/2015–8/2019

(Stand: August 2019, diese Seite wird nicht weiter aktualisiert.)


Mein Projekt erforscht die Umrisse der kolonialen Überwachungspolitik gegenüber muslimischen Gelehrten in Französisch-Westafrika (AOF). Für diese Studie konzentriere ich mich auf die Entwicklung des »Büros für muslimische Angelegenheiten« (Bureau des Affaires musulmanes), das 1906 vom Generalgouvernement in AOF gegründet wurde. Im Grunde sollte das Büro eine Islampolitik ausarbeiten, um islamischen Bedrohungen der Ordnung vorzubeugen und den Einfluss der einflussreichsten Gelehrten zu begrenzen. Seit seiner Gründung verfolgte das Büro einen Ansatz zur systematischen Erfassung aller muslimischen Anführer: Einerseits, um die einflussreichsten Elemente zu identifizieren und restriktive Maßnahmen gegen diejenigen ergreifen zu können, die man als Gefahr für den französischen Kolonialstaat betrachtete. Andererseits sollte diese Kontrolle dazu beitragen, die religiöse und kulturelle Autorität der Marabout-Strömungen zu untergraben und die Entwicklung des westafrikanischen Islam von den anderen Zentren der Umma, hauptsächlich den arabisch-muslimischen Ländern und dem Osmanischen Reich abzuschneiden.

Die systematische Erfassung spiegelt den Willen der Kolonialmacht, das muslimische Milieu zu überwachen und zu kontrollieren.

Meiner Hypothese nach liegen die Erfassungsmaßnahmen im Willen Frankreichs begründet, den Raum unter seiner Herrschaft flächendeckend zu überwachen und zu organisieren, indem man sich bis in die kleinsten Einzelheiten über die Werdegänge muslimischer Persönlichkeiten informierte, die in Westafrika der französischen Verwaltung unterworfen waren. Denn bekannt ist, dass diese Dokumente als »Polizeiakten« fungierten und für die koloniale Verwaltungsbehörde eine Datenbank über muslimische Gesellschaften im Allgemeinen und die muslimischen Gelehrten im Besonderen darstellten. Und es war sehr häufig der Fall, dass die Kolonialregierung auf Grundlage der Informationen, die mit diesen Formularen erhoben wurden, Sanktionen gegen »verdächtige« muslimische Gelehrte aussprach.

Abbildung: CADN (Centre des Archives diplomatiques de Nantes), fonds AOF »Dakar«, fiche de renseignements sur les lettrés musulmans n°156.