Frühe Neuzeit

Forschungsprojekt

Kriegsgefangenschaft im Konflikt zwischen Frankreich und Großbritannien-Kurhannover im Alten Reich (1757–1762): Räume – Praktiken – Akteurinnen und Akteure


Das Dissertationsprojekt untersucht Kriegsgefangenschaft zur Zeit des Siebenjährigen Krieges, um infrastrukturelle Hintergründe frühneuzeitlicher Kriege und die damit verbundenen Erfahrungen der involvierten Akteure und Akteurinnen auszuleuchten. Der Fokus liegt auf dem Konflikt zwischen Frankreich und Großbritannien-Kurhannover im Alten Reich. Die soziokulturelle Bedeutung von Kriegsgefangenschaft in Europa lässt sich an der Omnipräsenz der Gefangenen in der Publizistik des Siebenjährigen Krieges ablesen. Es verging kein Tag, an dem Zeitungen nicht zumindest kleinste Gefangenenzahlen berichteten. Kennzeichnend für Kriegsgefangenschaft im langen 18. Jahrhundert war das sogenannte Kartellsystem.

Das Dissertationsprojekt untersucht Kriegsgefangenschaft zur Zeit des Siebenjährigen Krieges, um infrastrukturelle Hintergründe frühneuzeitlicher Kriege und die damit verbundenen Erfahrungen der involvierten Akteure und Akteurinnen auszuleuchten

In den Konflikten dieser Zeit waren Verträge über den Austausch- und die Auslösung von Gefangenen üblich, die innerhalb weniger Wochen nach der Gefangennahme zu erfolgen hatten. Dies milderte zwar einerseits das Schicksal der Kämpfenden, ermöglichte aber andererseits die Fortsetzung des Krieges. Neben den Gefangenen selbst wird auch ihr Umfeld betrachtet, von den Angehörigen über die Wachen bis hin zur Gastgesellschaft. Die Arbeit ist methodisch inspiriert von Raumanalyse und Praxeologie im Verbund mit einer akteurszentrierten Perspektive. Als Quellenkorpus dienen handschriftliche Verwaltungsdokumente aus 16 deutschen, britischen und französischen Archiven (darunter der Service historique de la Défense, das Niedersächsische Landesarchiv Hannover und das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz) sowie etwas mehr als 50 Tagebücher, Briefsammlungen, Chroniken und Memoiren. Auf Basis einer Datenbank werden Krieg und Gefangenschaft als Aspekt einer europäischen Verflechtungsgeschichte herausgearbeitet und eine zwischen 1757 und 1762 existierende captivity zone im Westen des Alten Reiches und in Nord- und Ostfrankreich sichtbar gemacht.

 

Bildnachweis: König Friedrich II. von Preußen am Krankenbett eines gefangenen französischen Generals (Kupferstich aus: Historisch-Genealogischer Kalender […] für 1789), Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf.

Zum Projekt erschienene Publikationen

(mit Denis Sdvižkov), Perspektiven auf Kriegsgefangenschaft im Siebenjährigen Krieg (Arbeitstitel), in: Wissen entgrenzen. Podcast der Max Weber Stiftung, 2024, [erscheint in Kürze].

»j’espere estre en France«: Hoffnungshandeln und Kriegsgefangenschaft im Siebenjährigen Krieg am Beispiel der Thurot-Expedition 1760, in: Hoffnung handeln/L’espérance en action. Ein Frühneuzeitblog, 15.11.2022.

Ihr traget die Ketten der gesittetsten Völker Europas! Kriegsgefangenschaft zwischen Vergangenheit und Gegenwart im globalen Siebenjährigen Krieg, in: Zur Debatte. Katholische Akademie in Bayern 52 (2022), S.120–130.

Stadt, Land und Kriegsgefangene im Siebenjährigen Krieg (1756–1763). Kategorisieren, Zählen, Einquartieren und Aushandeln der Lastenverteilung in den kurhannoverschen Herzogtümern Bremen-Verden und im Land Hadeln, in: Dorothée Goetze, Nils Jörn (Hg.), Stadt – Land – Militär. Militärorganisation – Festungen – Einquartierung – Wahrnehmung. Schweden und seine deutschen Provinzen im 17. und 18. Jahrhundert, Hamburg 2022 (Schriftenreihe der David-Mevius-Gesellschaft, 15), S. 259–291.

Ziemlich beste Feinde: Kriegsgefangenschaft im Siebenjährigen Krieg, in: MWS Themenportal, 31.10.2023.