12.09.2022 - 13.09.2022

Epistemologies of Restitution – Transcultural Aphasia?

Widersprüche im Diskurs über die Restitution afrikanischer Kulturgüter

  • Workshop Afrika
  • 13:00 Uhr (12.09.) - 16:00 Uhr (13.09.)
  • DHIP

In den letzten Jahren kommt viel Bewegung in die Debatten um Restitution. Aktuell zeigen immer mehr Museen die Bereitschaft, sich auf Prozesse der Rückführung und Rückgabe in der einen oder anderen Form einzulassen. Aber immer noch liegen viele afrikanische Kulturgüter in europäischen Museen. Restitutionsprozesse sind kompliziert und brauchen Zeit und Kommunikation, die alle stakeholder einbindet. Dabei bleibt das Feld geprägt durch eine grundlegende Dichotomie: die Präsenz von kulturellem Material in westlichen Museen und Institutionen einerseits und die Abwesenheit dieser Materialien an ihrem Ursprungsort andererseits. Diese Dichotomie hat eine Geschichte im kolonialen Diskurs und in der kolonialen Praxis, die sich in den aktuellen Debatten und der Kommunikation über Restitution niederschlägt.

Während die einen pragmatische Anstrengungen in Bezug auf die Rückgabe unternehmen, verweisen andere darauf, wie wichtig Vielstimmigkeit in Bezug auf die Kulturgüter und ihre Bedeutung ist. Einige afrikanische Intellektuelle, darunter der in Südafrika forschende kamerunische Philosoph und Historiker Achille Mbembe, haben daher davor gewarnt, eine vorschnelle Restitution durchzuführen, ohne sich gründlich mit der kolonialen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Diese Positionen beruhen auf der Wahrnehmung, dass die Beziehung zwischen dem ›Westen‹ und ›Afrika‹ immer noch von kolonialen Hinterlassenschaften und rassistischen Praktiken geprägt ist.

Mögliche Vorbilder für die Forderung nach Restitution finden sich in der Post-Apartheid-Ära und dem Umgang mit der NS-Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch was passiert, wenn Konzepte und Praktiken, wie z.B. »Provenienzforschung« und »Raubkunst«, die für den Umgang mit spezifischen historischen Situationen entwickelt wurden, auf koloniale Kontexte übertragen werden? Was ist mit den Institutionen und institutionellen Praktiken, die sich an diesen Konzepten orientieren und die die Art und Weise prägen, wie die Rückgabe kolonialer Objekte organisiert und besprochen wird? Wie könnte also ein Weg nach vorne aussehen, der über einen Rahmen hinausgeht, der Kategorien und konzeptionelle Systeme verwendet, die von einer westlichen epistemologischen Ordnung abhängen? Wie kann die dem Diskurs über Restitution inhärente epistemische Gewalt in postkolonialen Kontexten rückgängig gemacht werden, sowohl im Hinblick auf den Diskurs als auch die Praxis der »Restitution von Kulturgütern«?

Der Workshop diskutiert diese Fragen anhand einer von der Interdisciplinary Fellow Group (IFG) »The 4Rs in Africa« des Merian Institute for Advanced Studies in Africa (MIASA) durchgeführten Fallstudie zu einem Restitutionsfall in Kpando, Ghana. Dabei wird insbesondere das Konzept der »transcultural aphasia« von Ann Laura Stoler hinterfragt, das in den Debatten um die Erinnerung an die koloniale Vergangenheit, aber auch um Restitution oft Anwendung findet. Die Frage dabei ist, ob der Begriff als eine dem medizinischen Diskurs entlehnte Metapher adäquat auf den transkulturellen Diskurs über Restitution angewendet werden kann oder ob diese Pathologisierung des Diskurses zu starke Ansprüche an normative Vorstellungen über eine ›gesunde‹ Art der Kommunikation stellt.

Anmeldung für eine Teilnahme vor Ort: event@dhi-paris.fr
Anmeldung für eine Online Teilnahme: Zoom

Veranstaltungssprache ist Englisch.

Der Workshop wurde in Kooperation mit dem MIASA Accra organisiert.

Bildnachweis: Eingangstür zum Regional Museum, Ho, Ghana © Stefanie Michels 2021.