Forschungsprojekt

Kalter Krieg und europäische Integration. Wechselseitige Beeinflussung und die Folgen für Europa 1969–1992


Auf den im Rahmen der DHIP-RICHIE-Arbeitsgruppe »Frankreich zwischen Kaltem Krieg und europäischer Integration 1974–1986« erbrachten Vorarbeiten aufbauend, bereitet Dr. Christian Wenkel eine weitergefasste Studie vor, in der er neben Frankreich, Großbritannien, der Bundesrepublik und der Europäischen Gemeinschaft vor allem die USA als zentralen Akteur in den Blick nehmen wird. Die Einbeziehung der Bundesrepublik ergibt sich nicht nur aus ihrer Position innerhalb des Ost-West-Konflikts, sondern ist vor allem ihrer wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung und dem damit verbundenen Machtzuwachs seit den 1970er Jahren innerhalb der Europäischen Gemeinschaft geschuldet. Ein wesentlicher Schlüssel zum Verständnis der Interdependenzen liegt in der Auseinandersetzung mit Großbritannien, engster Verbündeter der USA in Europa und seit 1973 Mitglied der Europäischen Gemeinschaft. Die Einbeziehung der USA ist für die Untersuchung von zentraler Bedeutung, weil die westliche Führungsmacht den europäischen Integrationsprozess von Anbeginn maßgeblich geprägt hat. In den 1970er Jahren änderte sich das US-amerikanische Verhältnis zu Westeuropa, das Interesse an einer europäischen Einheit zugunsten eigener strategischer Bedürfnisse blieb jedoch ungebrochen.

In welchem Verhältnis stehen veränderte Herausforderungen des Kalten Krieges und institutioneller Wandel der europäischen Integration?

Ausgangspunkt der Untersuchung ist ein Vergleich der Wahrnehmung der europäischen Integration durch die politischen Eliten in Frankreich, Großbritannien, der Bundesrepublik und insbesondere in den Vereinigten Staaten. Gerade die Sicht amerikanischer Diplomaten und Politiker ist von besonderem Interesse, da die USA nicht nur als Akteur auftraten, sondern auch über eine Außensicht verfügten. Für die westeuropäischen Akteure stellt sich die Frage, wie der in den 1970er und 1980er Jahren voranschreitende europäische Integrationsprozess die Wahrnehmung des Ost-West-Konflikts auf europäischem Terrain und damit auch ihr Handeln gegenüber dem Ostblock veränderte. Außerdem ist zu klären, welchen Schub umgekehrt die Rückkehr in bipolare Schemata auf der internationalen Bühne nach 1975 den europäischen Integrationsbestrebungen verlieh? In diesen Kontext gehört schließlich auch die Frage nach der Entstehung einer neuen politischen Identität in Europa in Auseinandersetzung mit dem Ost-West-Konflikt.

Als konkrete Gegenstände für die Untersuchung bieten sich die Entspannungs- aber auch die Energiepolitik an, da die Wechselwirkungen zwischen Kaltem Krieg und europäischer Integration hier besonders deutlich zu Tage traten. Diese Beispiele sollen es ermöglichen, die Entwicklungen eines hochkomplexen Geflechts aus bi- und multilateralen Beziehungen innerhalb von Europa zu betrachten, das sich im Kontext des Ost-West-Konflikts entwickelt hat und strukturell zu einer Verlängerung dieses Konflikts über sein faktisches Ende hinaus beigetragen hat. Besonders zentral ist dabei die Frage nach Rolle und Funktion des Faktors USA innerhalb dieses Geflechts und dem sich wandelnden Einfluss der amerikanischen Außenpolitik auf den europäischen Integrationsprozess.

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