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Call for Papers: Die Geschichte des Kaiserreichs erneuern? Kritische Perspektiven auf das Deutsche Reich (1871–1918)

Eine deutsch-französische Tagung an der Universität Straßburg hinterfragt alte und neue Paradigmen der Forschung kritisch und diskutiert sie im Licht der jüngsten Forschung (neu).

In den letzten Jahren ist das 1871 gegründete Kaiserreich in den Mittelpunkt der deutschen historischen sowie öffentlichen Debatte gerückt. Diese Rückkehr erfolgte mit Blick auf Themen wie den Völkermord an den Herero und Nama, Meinungsverschiedenheiten zum Grad der Modernisierung und Demokratisierung des Reichs, Forderungen nach der Restitution von Kunstwerken aus den ehemaligen kolonialen Gebieten, die Frage nach der Verantwortung für den Ersten Weltkrieg – die 2012 vom britischen Historiker Christopher Clark neu gestellt wurde –, bis hin zu Versuchen, insbesondere aus dem rechtsextremen Lager, Preußen bzw. das Kaiserreich zu rehabilitieren. Diese zahlreichen Debatten wurden auch in Frankreich rezipiert oder zumindest beobachtet, aber noch nicht im Rahmen einer wissenschaftlichen Veranstaltung diskutiert. Diese Tagung setzt sich daher zum Ziel, französische und deutsche Forscherinnen und Forscher in Dialog über Geschichte und Geschichtsschreibung des Deutschen Kaiserreichs zu bringen.

Die anvisierten Diskussionen sind epistemologischer und historiographischer Natur basierend auf den jüngsten Forschungen zum Deutschen Kaiserreich. Kann die Geschichte des Kaiserreichs geschrieben werden, ohne die Geschichte der nationalsozialistischen Machtübernahme zugleich im Blick zu haben? Denn obwohl das Ende der „Sonderwegs“-Theorie schon vor langer Zeit verkündet wurde, scheint sie noch immer die Arbeiten vieler Historikerinnen und Historiker zu beeinflussen – auch wenn sie diese gleich wieder verwerfen. Wie kann die Geschichte des Kaiserreichs erneuert werden, ohne sie zu einer Projektionsfläche für aktuelle politische Stellungnahmen verkommen zu lassen? Welche jüngeren Forschungen leisten einen wirklichen Beitrag zum Verständnis der deutschen imperialen Strukturen und Gesellschaft? Inwieweit kann dabei eine vergleichende bzw. transnationale Geschichte helfen? Diese und weitere Fragen sollen im Rahmen dieser deutsch-französischen Tagung erörtert werden.

Ziel ist es keinesfalls, nur eine Reihe besonderer Fallbeispiele oder gelehrter Rezensionen umstrittener Werke aneinanderzureihen. Stattdessen streben wir an, die mehr oder weniger expliziten Paradigmen und Positionierungen der Forschung zu hinterfragen und zu diskutieren. Neue sowie alte Fragen sollen im Lichte jüngster Erkenntnisse (neu) gestellt werden. Wir hoffen, dass die Tagung durch das Aufeinandertreffen unterschiedlicher epistemologischer und historiographischer Positionen zum Dialog zwischen den Forschungstraditionen und – dank Vergleichen und Verflechtungen mit anderen geographischen Räumen und Fragestellungen – zur Dezentrierung der Historiographie beitragen wird. Es ist in der Tat zu bedauern, dass der deutsch-französische Austausch über die Geschichte des Kaiserreichs und darüber hinaus des deutschsprachigen Raums im 19. Jahrhundert seit zwanzig Jahren im Vergleich zu den 1980er und 1990er Jahren stark abgenommen hat – und dies trotz der wichtigen historiographischen Erneuerung dieser Forschungsfelder in der deutsch- sowie englischsprachigen Geschichtsschreibung.

Vier Panels widmen sich den Modernen des Kaiserreichs, seiner Globalgeschichte, kollektiven Identitäten und der Rolle Preußens.

Wann: 9.–10. November 2022

Bewerbung

Bitte reichen Sie Kontaktdaten, Titel, Abstrakt (max. eine DIN-A4 Seite) sowie bio- und bibliographische Eingaben zu Ihrer Person auf Deutsch oder auf Französisch an colloque.kaiserreich@gmail.com vor dem 1. Juli 2022 ein.

Organisatoren

  • Dr. Antonin Dubois, École des Hautes Études en Sciences Sociales (Paris) & Institut franco-allemand de sciences historiques et sociales (Frankfurt am Main)
  • Corentin Marion M.A., Doktorand an der Université Paris Cité & Universität Bielefeld
  • Dr. Benoit Vaillot, Postdoc-Forscher Labex SMS an der Université Toulouse – Jean Jaurès

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Bildnachweis: Photographie des Zeppelin lz 6 über Berlin, August 1909. © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH.