Forschungsprojekt

»Madame, je vous demande...« – Die Performanz von Literaturspielen und poetischen Wettkämpfen in der höfischen Soziabilität in Frankreich von 800 bis 1450

Dr. Vanina Kopp

Wissenschaftliche Mitarbeiterin 2014–2019 am DHIP

Leiterin der Forschungsgruppe:
»Spiele und Wettkämpfe in der mittelalterlichen Soziabilität«

(Stand: Oktober 2019. Diese Seite wird nicht mehr aktualisiert.)


Literaturspiele und poetische Wettkämpfe sind ein paradigmatisches Beispiel für die kulturelle Bedeutung und integrative Wirkung von Zeitvertreiben am Hof. In diesem Projekt soll es darum gehen, die generelle Funktion solcher literarischer Ereignisse im Rahmen höfischer Freizeit (loisir, divertissement, pastimes) nachzugehen um ihre soziale sowie performative Funktion herauszustellen. Literarische und poetische Wettkämpfe spielten eine wichtige Rolle für die Wissensvermittlung, leisteten aber ebenfalls einen Beitrag zur sozialen Kohäsion in einem von agonalen Gegensätzen geprägten Umfeld, nicht nur zwischen den Ständen, sondern auch zwischen den Geschlechtern. Auf der Ebene der Spieltheorie sollen die Gegensätze zwischen »Sinnfreiheit« des Spieles versus seiner elementaren Bedeutung in der Gesellschaft diskutiert werden, um darzulegen, inwiefern Literaturspiele und poetische Wettkämpfe diesen Gegensatz für die höfische Soziabilität konturieren oder gar aufheben können.

Literarische und poetische Wettkämpfe spielen eine wichtige Rolle für die Wissensvermittlung, leisten aber ebenfalls einen Beitrag zur sozialen Kohäsion.

Aus kulturanthropologischer Sicht erfüllte Zeitvertreib somit über seinen ludischen und wettkämpferischen Charakter eine wichtige Rolle für alle Mitglieder der höfischen Gesellschaft. Die jeweils spezifischen performativen Ausformungen je nach kulturellem und historischem Kontext und ihre sozialen Funktionen für den Hof sollen in diesem Projekt geographisch für das Königreich Frankreich von 800 bis 1450 erforscht werden. Methodisch befindet es sich an der Schnittstelle zwischen mediävistischer Kulturwissenschaft, historischer Anthropologie und Literaturwissenschaft und leistet damit einen innovativen Beitrag zur theoretischen Diskussion über den »performative turn« und die Verwendung von Texten als Kulturproduzenten.

Abbildung: Chasteau d'amour, Charles d'Orléans, London, BL Royal ms 16 F II, fol. 188r.