Forschungsprojekt

Solidarité en crise? Französische, deutsche und italienische Sozialisten vor den internationalen diplomatischen Krisen in der Zeit der II. Internationale (1889-1915)

Dr. des. Elisa Marcobelli

Dr. des. Elisa Marcobelli

Wissenschaftliche Mitarbeiterin (2011–2016)


Der Widerstand der II. Internationale gegen den Krieg wird oft auf einen einzigen Aspekt reduziert: das »Scheitern« von 1914. Dieses Urteil ist jedoch vereinfachend und interpretiert die Geschichte dieser Organisation tendenziell in Abhängigkeit von jenem Ereignis, das ihr Ende markierte. Elisa Marcobelli untersucht in ihrer Doktorarbeit die Entwicklung der Internationale, ohne den verhängnisvollen Ausbruch des Ersten Weltkrieges auf sie zu projizieren: sie analysiert den Kampf der französischen, deutschen und italienischen Sozialisten gegen den Krieg, sowohl im Rahmen der Internationale also auch in deren jeweiligem nationalen Raum. Besondere Beachtung findet die Positionierung der Sozialisten während der internationalen diplomatischen Krisen, die Anfang des 20. Jahrhunderts rasch aufeinander folgten.

Die Gründung der zweiten sozialistischen Internationale ist nicht nur der Versuch, ein internationales Bewusstsein entstehen zu lassen, sondern auch Ausdruck des Widerstandes gegen den Krieg.

Das Ergebnis dieser Untersuchung ist ambivalent. Einerseits können die Friedensbemühungen der Internationale nicht mehr als Misserfolg betrachtet werden. Als Institution ist es der Internationale sehr wohl gelungen, ein Gemeinschaftsgefühl zu stiften, das auf dem Willen zum Widerstand gegen den Krieg gründete. Während der wiederkehrenden Krisen lernte sie, auf diese Situationen internationaler Spannungen zu reagieren. Andererseits wurde die Schlagkraft dieser Kriegsablehnung stark von der unmittelbaren Verwicklung Frankreichs, Deutschlands bzw. Italiens in die jeweiligen diplomatischen Krisen beeinträchtigt. Sobald ein Land in Gefahr geriet, entstand bei den jeweiligen Sozialisten Misstrauen gegenüber den ausländischen Genossen, was die Internationale stellenweise daran hinderte, effektive Initiativen gegen die Risiken auf internationaler Ebene zu ergreifen.